Causa Wertsicherung: Wendepunkt in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung?

Causa Wertsicherung: Wendepunkt in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung?

von RA Mag. Dr. Mario Kathrein, LL.M. LL.B. und RAA Ing. Felix Hollenstein, LL.M. LL.B.

Die in der vergangenen Woche veröffentlichte Entscheidung, 10 Ob 15/25s des Obersten Gerichtshofs (OGH) zur Wertsicherung lässt die Immobilienbranche und die gesamte interessierte Öffentlichkeit einmal mehr aufhorchen. Entgegen der bisherigen Ansicht (ausgehend von der Entscheidung 2 Ob 36/23t) spricht der OGH nun die gegenteilige Meinung – pro Wertsicherung – aus:

In Mietverträgen ist in der Regel eine Wertsicherungsklausel vorgesehen. Mit einer solchen Klausel wird die Miete (in der Regel) an den Verbraucherpreisindex (VPI) gekoppelt, um den Mietzins während der Vertragslaufzeit an die Inflation anpassen zu können. Insbesondere bei Mietverträgen zwischen Verbraucher:innen und Unternehmer:innen gelten aufgrund des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) strenge rechtliche Rahmenbedingungen.

In einem Individualverfahren (10 Ob 15/25s) hatte der OGH eine solche Wertsicherungsklausel in einem als Vertragsformblatt eingestuften Mietvertrag (Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes – MRG) zu prüfen. Dabei wich der erkennende 10. Senat ausdrücklich von der seit 2023 vertretenen Linie ab, wonach Wertsicherungsklauseln in Bestandsverträgen aufgrund von § 6 Abs 2 Z 4 KSchG unwirksam sind, wenn sie eine Wertanpassung innerhalb der ersten zwei Monate der Vertragslaufzeit zulassen.

In seiner Entscheidung kommt der OGH nun aber zum Ergebnis, dass § 6 Abs 2 Z 4 KSchG auf „Dauerschuldverhältnisse (etwa Bestandverträge), die darauf angelegt sind, dass die Leistung des Unternehmers (Vermieters) nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung vollständig zu erbringen ist, […]nicht anwendbar sei. Begründend wird unter anderem ausgeführt, dass § 6 Abs 2 Z 4 KSchG auf solche Dauerschuldverhältnisse nicht zugeschnitten sei und die Anwendung der Bestimmung auf langfristige Mietverträge „enorme Unbilligkeiten“ mit sich brächte. Zudem sei eine inflationsbedingte Anpassung des Entgelts bei einem langfristigen Dauerschuldverhältnis nicht als „überraschende, einseitige Entgeltserhöhung“ zu qualifizieren, wovon § 6 Abs 2 Z 4 KSchG Verbraucher:innen gerade schützen will.

Fazit

Trotz umfangreicher Ausführungen der Höchstrichter:innen des 10. Senates und ihrer sehr klaren Positionierung bleibt weiterhin Vorsicht geboten: Die ergangene Entscheidung ist für andere derzeit anhängige Wertsicherungsverfahren nicht bindend. Die Entscheidung zu 10 Ob 15/25s erging zudem nicht in der Besetzung eines „verstärkten Senats“, sondern in einfacher Senatsbesetzung. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Senate des OGH künftig den Ansichten des 10. Senats anschließen werden und damit endgültig für Klarheit gesorgt wird.

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RA Mag. Dr. Mario Kathrein, LL.M. LL.B: kathrein@chg.at

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