CHG Immo-Insights – Newsletter der Praxisgruppe Immobilien

CHG Immo-Insights – der erste Newsletter der Praxisgruppe Immobilienrecht

von RA Mag. Dr. Mario Kathrein, LL.M., RAA Dr. Niklas Schneider

Jüngste Entwicklungen in der Judikatur zu Wertsicherungsvereinbarungen

Wertsicherungsvereinbarungen stellen in Mietverträgen seit jeher ein zentrales Instrument zur Er-haltung des realen Werts des vereinbarten Mietzinses dar. Insbesondere in längerfristigen Vertrags-verhältnissen ist es im Interesse des Vermieters, dass der Mietzins nicht durch Geldentwertung wirt-schaftlich an Substanz verliert. Die bei der Vereinbarung einer Wertsicherungsvereinbarung zu be-achtenden Aspekte sind vielzählig, was die in den letzten Jahren – auch aufgrund der Inflationsdynamik – dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen nur zu gut verdeutlichten. Auch medial sorgten die Entscheidungen für viel Beachtung.

So ist nach der Rechtsprechung eine Wertsicherungsvereinbarung im Anwendungsbereich des Kon-sumentenschutzgesetzes (KSchG) unzulässig, wenn sie entgegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG eine Anpassung des Mietzinses innerhalb der ersten zwei Monate nach Vertragsabschluss zulässt, sofern dies zwischen Vermieter und Mieter nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde. Postwendend vertrat ein anderer Senat des OGH die gegenteilige Ansicht, wonach diese Bestimmung des KSchG nicht für langfristige Miet-verträge anwendbar sei. Auch Wertsicherungsvereinbarungen, die für einen allfälligen Entfall des vereinbarten Index eine gewisse Wahlmöglichkeit für den Vermieter festlegen, sind unwirksam. Dies gilt auch für das Abstellen auf eine bei Vertragsabschluss bereits überholte Indexzahl als Ausgangs-basis. Zudem soll durch das „Zweiseitigkeitsgebot“ sichergestellt werden, dass Wertsicherungsver-einbarungen sowohl Erhöhungen als auch Senkungen des Mietzinses ermöglichen. Die bloße Berech-tigung zur Senkung oder Erhöhung reicht dafür nicht aus. Aus derartigen Klauseln ergäbe sich nämlich keine Verpflichtung des Vermieters, den Mietzins im Falle einer Deflation zu senken.

Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unzulässigkeit einzelner Bestandteile von Wertsiche-rungsvereinbarungen steht auch die Frage, ob die Unzulässigkeit eines Teils der Vereinbarung zwingend mit der Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung einher geht. Nach jüngster Rechtsprechung kann eine Wertsicherungsvereinbarung unter Umständen aufgegliedert werden, sodass die Unwirksamkeit eines Bestandteils nicht zwingend die Unwirksamkeit der gesamten Vereinbarung zur Folge hat. Ausschlaggebend ist vor allem, ob es sich um einen materiell eigenständigen Regelungsbereich handelt, die Bestandteile der Wertsicherungsvereinbarung also isoliert voneinander wahrgenommen werden können.

Diese Entwicklungen sind für Vermieter wenig erfreulich und sorgen für erhebliche Unsicherheiten in der Immobilienbranche: Zwar besteht außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG eine größere Gestaltungsmöglichkeit bei Klauseln und ist die vom OGH häufig herangezogene kundenfeindlichste Auslegung nicht in Individualverfahren maßgeblich (hier werden Klauseln unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls beurteilt). Dennoch gibt es unzählige Fälle, in denen die Klauseln im Ergebnis aus unterschiedlichsten Gründen als unwirksam beurteilt wurden.

Zahlreiche Vermieter können dann lediglich den (unter Umständen vor Jahrzehnten) vereinbarten Mietzins ohne Wertanpassung verlangen. Zudem können Mieter zu Unrecht bezahlte Beträge zu-rückfordern. Ungeachtet dessen war der Versuch der Vermieter, die für die Wertsicherungsklauseln zentralen gesetzlichen Bestimmungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu bekämpfen, nicht von Erfolg gekrönt.

Aufgrund der Vielschichtigkeit der Rechtsprechung zu Wertsicherungsvereinbarungen und deren weitreichenden Auswirkungen im Falle der Unzulässigkeit, ist eine fundierte juristische Beratung im Zuge der Mietvertragserrichtung unerlässlich. Gerne unterstützen wir Sie dabei.

Zivilrechtliches Indexierungs-Anpassungsgesetz

Um die Unsicherheiten in Bezug auf Wertsicherungsvereinbarungen einzudämmen, soll auf Grundlage des neugeschaffenen § 879a ABGB eine Klarstellung erfolgen, welche Faktoren bei der Beurteilung der gröblichen Benachteiligung von Wertsicherungsvereinbarungen ausschlaggebend sind. Laut dem vorliegenden Entwurf zum Zivilrechtlichen-Indexierungs-Anpassungsgesetz (ZIAG) soll nämlich bei sogenannten Massenverträgen unter Umständen auch ein in der Vergangenheit liegender Index ge-rechtfertigt erscheinen. Mietverträge erfüllen das Kriterium eines Massenvertrages aufgrund deren Individualität nicht. Dennoch muss die Vereinbarung eines vor Vertragsabschluss liegenden Index nicht immer automatisch gröblich benachteiligend sein. Liegt der vereinbarte Index beispielsweise nur kurz vor der zuletzt verlautbarten Indexzahl oder besteht ein Irrtum über die vereinbarte Indexzahl, soll eine gröbliche Benachteiligung ausscheiden.

Nach § 6 Abs 2 Z 4 KSchG ist eine nicht einzeln ausverhandelte Klausel unwirksam, wonach dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht. Im Rahmen des ZIAG soll eine Präzisierung dieser Bestimmung erfolgen, indem eine Anwendungsausnahme für jene Dauerschuldverhältnisse vorgesehen wird, bei denen die Leistung des Unternehmers nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung vollständig zu erbringen ist. Damit sind aufgrund der jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung auch Mietverhältnisse gemeint.

Die Rechtslage rund um Wertsicherungsvereinbarungen ist aus gleich mehreren Gründen im Wandel und komplex. Wir halten Sie über aktuelle Änderungen im Immobilienrecht am aktuellen Stand.

Schlüsselverlust: Tausch der Schlösser durch den Mieter?

Ein Schlüsselverlust sorgt im Rahmen der Rückstellung des Mietobjekts immer wieder für Diskussio-nen. Das Mietobjekt ist nach Ende des Bestandvertrags in dem Zustand zurückzustellen, in dem es übernommen wurde. Zur Rückstellung des Mietobjekts gehört unter anderem auch, dass die Schlüssel zurückgestellt werden.

Der OGH bestätigte im August 2025, dass der Mieter im Falle des Schlüsselverlusts unter Umständen auch für den Tausch der Schlösser aufzukommen hat. Dies aber nur dann, wenn eine entsprechende Missbrauchsgefahr vorliegt. Für diese Missbrauchsgefahr ist der Vermieter beweispflichtig. Die kla-genden Parteien konnten diesen Beweis nicht erbringen, indem sie im Wesentlichen nur darauf ver-wiesen haben, dass bei einem unbefugten Eindringen mit einem verlorenen Schlüssel kein Versiche-rungsschutz aus der Einbruchsdiebstahlsversicherung bestehe (9 Ob 77/25a).

Mario Kathrein setzt sich in der nächsten Ausgabe der Fachzeitschrift ImmoZak mit den rechtlichen Fragestellungen des praktisch häufigen Schlüsselverlusts aus wohnrechtlicher Sicht eingehend aus-einander und steht Ihnen für weiterführende Fragen gerne zur Verfügung.

Mietrechtsreform 2026: Wichtige Änderungen im kompakten Überblick

Mit 1. Jänner 2026 soll in Österreich eine umfassende Reform des Mietrechts in Kraft treten. Der Beschluss des Ministerrats dahingehend wurde bereits gefasst. Ziele sind eine Modernisierung des Mietrechts, mehr Planbarkeit und leistbares Wohnen. Ursprünglich war geplant, dass die Änderungen noch 2025 in Kraft treten.

Die Kernthemen sind die Erhöhung der Mindestbefristung von Wohnungsmietverträgen im Voll- und Teilanwendungsbereich auf fünf Jahre (bisher drei Jahre), Mietpreisbremsen neben dem geregelten auch im freien Mietmarkt sowie die Normierung einer zeitlichen Befristung von Rückforderungsan-sprüchen.

In unserem nächsten Newsletter werden wir uns schwerpunktmäßig der weitreichenden Mietrechts-reform widmen.

 

Kontaktieren Sie uns gerne für ein persönliches Beratungsgespräch.

Mag. Dr. Mario Kathrein, LL.M.: kathrein@chg.at

Rechtsanwalt in der Praxisgruppe Immobilienrecht

CHG Czernich Haidlen Gast & Partner Rechtsanwälte

Bozner Platz 4 – 6020 Innsbruck

Tel.: 0512-567373
Fax: 0512-567373 -15
office@chg.at  www.chg.at