Arbeitsrechtliche COVID-19-Maßnahmen: Kurzarbeit

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Arbeitsrechtliche COVID-19-Maßnahmen: Kurzarbeit

Arbeitsrechtliche COVID-19-Maßnahmen: Kurzarbeit

Von Dr. Marlene Wachter, Mag. Julia Barenth und Dr. Anna Wanitschek

Die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus und deren Auswirkungen stellen Arbeitgeber vor enorme Herausforderungen.

In diesem Beitrag möchten wir die umfangreichen Informationen zur sog. COVID-19- Kurzarbeit zusammenfassen und Verständnisfragen, mit denen wir zuletzt häufig befasst wurden, aufarbeiten. Außerdem sind viele der abrufbaren Informationen aufgrund der seit Einführung erfolgten zahlreichen Änderungen nicht mehr aktuell.

Konzept und Ziel der COVID-19-Kurzarbeit

Um es Unternehmen auch in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Zeit zu ermöglichen, ihre Arbeitnehmer trotz deutlich reduziertem oder sogar entfallenem Personalbedarf weiter zu beschäftigen, wurde mit der COVID-19-Kurzarbeit eine Sonderform der Kurzarbeit mit wesentlichen Erleichterungen geschaffen. Die rechtlichen Grundlagen sind insbesondere § 37b AMSG und die Bundesrichtlinie Kurzarbeitsbeihilfe (KUA-COVID-19) des Arbeitsmarktservice (AMS) (aktuelle Fassung GZ: BGS/AMF/0702/9990/2020). Diese tritt rückwirkend mit 01.03.2020 in Kraft und ist bis 30.09.2020 befristet.

Die COVID-19-Kurzarbeit ermöglicht für Unternehmen eine vorübergehende Reduktion der Normalarbeitszeit bei nur relativ geringen Abschlägen des Entgelts für die einbezogenen Arbeitnehmer. Mit der vom AMS geleisteten Kurzarbeitsbeihilfe werden die Ausfallsstunden mit einem Pauschalsatz entschädigt. Der damit verfolgte Zweck ist klar: temporäre Reduktion der Arbeitskosten und Erhalt der Beschäftigten. Jeder Unternehmer – unabhängig von der jeweiligen Betriebsgröße und unabhängig von der jeweiligen Branche – der bedingt durch COVID-19 vorübergehend in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, kann beim AMS einen Antrag auf Kurzarbeitsbeihilfe stellen.

Die für die Kurzarbeit notwendigen Anträge, Vereinbarungen und Unterlagen sowie den Online Rechner des AMS finden Sie unter https://www.ams.at/unternehmen/personalsicherung-und-fruehwarnsystem/kurzarbeit/downloads-kurzarbeit

Vereinbarung von Kurzarbeit und Antragstellung

Befindet sich ein Arbeitgeber in vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Auswirkungen des SARS-CoV-2-Virus, kann er COVID-19-Kurzarbeit beantragen.

Voraussetzungen für die Bewilligung der COVID-19-Kurzarbeit sind

  • eine Vereinbarung mit den in die Kurzarbeit einbezogenen Mitarbeitern (Einzelvereinbarung) oder dem Betriebsrat (Betriebsvereinbarung) und
  • eine Sozialpartnervereinbarung.

Einzelvereinbarungen: In Betrieben ohne Betriebsrat müssen Sie mit jedem betroffenen Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Kurzarbeit schließen. Bitte beachten Sie: Sollten Sie momentan nicht in direktem Kontakt mit Ihren Arbeitnehmern stehen, lassen Sie sich die unterfertigte Vereinbarung via E-Mail, What´s app odgl. zukommen oder holen Sie die Zustimmung in anderer Form ein. Vergessen Sie aber nicht, die Originalunterschrift oder zumindest eine schriftliche Bestätigung so bald wie möglich nachzuholen.

Betriebsvereinbarung: Sollte in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat bestehen, treten Sie so früh wie möglich mit diesem in Gespräche, damit zeitnah eine Betriebsvereinbarung zum Ausmaß und den betroffenen Arbeitnehmern abgeschlossen werden kann.

COVID-19-Sozialpartnervereinbarung: Diese muss zwischen den kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschlossen werden. Auf Seiten der Arbeitnehmer ist in der Regel der ÖGB selbst oder eine Fachgewerkschaft des ÖGB zuständig, für Arbeitgeber in den meisten Fällen die WKO.

Muster für Vereinbarungen, die Einzelvereinbarung/ Betriebsvereinbarung und Sozialpartnervereinbarung in einem sind, werden beispielsweise von der WKO und dem ÖGB zur Verfügung gestellt (die Sozialpartner-Einzelvereinbarung und die Sozialpartner-Betriebsvereinbarung finden Sie hier: https://www.wko.at/service/w/arbeitsrecht-sozialrecht/corona-kurzarbeit.html

Der Antrag auf Gewährung der COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe an das AMS findet sich auf der Website des AMS (Antrag auf COVID-19 Kurzarbeitsbeihilfe). Der Antrag kann ohne Einhaltung bestimmter Fristen – und auch rückwirkend – eingebracht werden.

Die Abwicklung der Antragstellung an das AMS unter Einbindung der Sozialpartner wurde bereits mehrfach modifiziert und laufend vereinfacht. Aktuell haben sich die Sozialpartner auf folgendes Prozedere verständigt:

Die WKO erteilt ihre Zustimmung zu Kurzarbeitsanträgen, die auf der Sozialpartner-Vereinbarung vom 13.3.2020 beruhen, gegenüber dem AMS pauschal. Das AMS erteilt vollständigen Anträgen eine vorläufige Genehmigung, eine allfällige Ablehnung durch die Gewerkschaft wird dem AMS im Einzelfall binnen 48 Stunden mitgeteilt.

Auch einige (kollektivvertragsfähigen) Berufsvereinigungen von Unternehmen, die keine WKO-Mitglieder sind, haben Modalitäten für eine Vereinfachung der Antragstellung festgelegt.

Kreis der Arbeitnehmer, die in die Kurzarbeit einbezogen werden können

  • Arbeitnehmer (auch ASVG-versicherte Geschäftsführer, teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer)
  • Lehrlinge (wenn von der Sozialpartnervereinbarung erfasst)
  • Freie Dienstnehmer, wenn eine monatliche Normalarbeitszeit dargestellt werden kann
  • ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte

Es ist möglich, nur Teilbereiche eines Unternehmens oder einzelne Mitarbeiter in die Kurzarbeit einzubeziehen.

Ausmaß der möglichen Arbeitszeitreduzierung

Im Kurzarbeitszeitraum (drei Monate) darf der Arbeitszeitausfall durchschnittlich nicht unter 10% und nicht über 90% der gesetzlich oder kollektivvertraglich festgelegten Normalarbeitszeit betragen. Innerhalb des Kurzarbeitszeitraums ist vorübergehend eine Ausfallzeit bis zu 100% möglich, im Durchschnitt des Kurzarbeitszeitraumes dürfen aber 90% Ausfallzeit nicht überschritten werden. Es kommt somit immer auf eine Durchschnittsbetrachtung an.

Wenn Arbeitnehmer tatsächlich mehr arbeiten als vorgesehen, reduziert sich die Kurzarbeitsbeihilfe des AMS entsprechend den tatsächlichen Ausfallsstunden.

Ersatz für den Arbeitgeber und Höhe der Beihilfe

Auch im Rahmen der Kurzarbeit hat der Arbeitgeber das Entgelt zu leisten. Das AMS ersetzt ihm aber die Kosten für die Ausfallsstunden gemäß den festgelegten Pauschalsätzen (siehe COVID-19-Kurzarbeit Pauschalsatztabellen sowie die Erläuterungen dazu). In den Pauschalsätzen sind die anteiligen Sonderzahlungen im Ausmaß eines Sechstels, die anteiligen Beiträge zur Sozialversicherung (bezogen auf aus Entgelt vor Einführung der Kurzarbeit) und die sonstigen lohnbezogenen Dienstgeberabgaben enthalten. Für Einkommensanteile über € 5.370,00 gebührt keine Beihilfe.

Wir empfehlen, die Höhe der möglichen Beihilfe von Ihrer Steuerberatungskanzlei oder Ihrem Lohnverrechnungsbüro errechnen zu lassen; dies auch deshalb, weil die monatlichen Lohnabrechnungen gegenüber dem Arbeitnehmer weiterhin von Ihnen zu übermitteln sind und sich nach unserer Erfahrung bei dem vom AMS zur Verfügung gestellten ONLINE-Rechner manchmal Unschärfen ergeben haben.

Der Arbeitgeber hat den in die Kurzarbeit einbezogenen Arbeitnehmern abhängig vom bisherigen Brutto-Entgelt nachstehendes Entgelt zu leisten:

  • bei einem Bruttoentgelt vor Kurzarbeit bis zu € 1.700,- erhält der Arbeitnehmer ca. 90% des bisherigen Nettoentgeltes;
  • bei einem Bruttoentgelt bis zu € 2.685,- erhält der Arbeitnehmer ca. 85% des bisherigen Nettoentgeltes;
  • bei einem Bruttoentgelt bis zu € 5.370,- erhält der Arbeitnehmer ca. 80% des bisherigen Nettoentgeltes;
  • Lehrlinge erhalten 100 % des bisherigen Nettoentgeltes.

Besondere Fragestellungen ergeben sich bei der Berechnung des Einkommens im Hinblick auf Überstundenentgelte und Zuschläge. In der Regel ist hier eine Prüfung anhand des der einzelnen Arbeitsverträge erforderlich.

Abrechnung und Auszahlung der COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe

Für die in die Kurzarbeit einbezogenen Arbeitnehmer ist für jeden Kalendermonat bis zum 28. des Folgemonats eine Abrechnungsliste vorzulegen. Diese wird den Betrieben in Form einer Abrechnungsdatei vom AMS zur Verfügung gestellt.

Die Auszahlung der Kurzarbeitsbeihilfe erfolgt im Nachhinein pro Kalendermonat nach Vorlage und Prüfung der Teilabrechnung bzw. der Endabrechnung. Bis dahin muss der Arbeitgeber die Löhne und Gehälter vorfinanzieren.

Wir empfehlen Ihnen, sich bezüglich der Berechnung der Nettoersatzraten für die Beihilfen und der Abrechnung frühzeitig mit Ihrem Steuerberater und/oder Ihrem Lohnverrechnungsbüro in Verbindung zu setzen.

Bitte vergessen Sie nicht, als Nachweis für die Anzahl der Ausfallstunden Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen. Dies betrifft auch von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer, die vom Arbeitszeitrecht ausgenommen sind (Geschäftsführer, bestimmte leitende Angestellte). Die Aufzeichnungen sind dem AMS auf Verlangen vorzulegen.

Dauer der COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe

Die Dauer der Beihilfengewährung ist zunächst auf höchstens drei Monate beschränkt (Erstgewährung); dauern die wirtschaftlichen Schwierigkeiten über diesen Zeitraum an, kann die Beihilfengewährungen unmittelbar anschließend für drei weitere Monate erfolgen (Verlängerung). Somit beträgt die maximale Dauer der COVID-19-Kurzarbeitsbeihilfe sechs Monate.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die volle Dauer in Anspruch genommen werden muss. So kann die Kurzarbeit auch für einen kürzeren Zeitraum vereinbart werden oder später beginnen oder früher enden, als ursprünglich geplant.

Kündigungen während und nach der COVID-19-Kurzarbeit

Der Arbeitgeber ist zur Aufrechterhaltung des Beschäftigtenstandes während des Kurzarbeitszeitraumes und für die Dauer eines Monats nach Ende der Kurzarbeit verpflichtet (Behaltefrist).

Dies bedeutet, dass ab Beginn der Kurzarbeit betriebsbedingte Arbeitgeberkündigungen erst nach Ablauf der einmonatigen Behaltefrist ausgesprochen werden dürfen. Ausnahmen sind mit Zustimmung des AMS möglich.

Arbeitgeberkündigungen, die in der Person des Arbeitnehmers begründet sind, können hingegen weiterhin erfolgen. Auch besteht für den Arbeitgeber keine Verpflichtung zur Auffüllung des Beschäftigtenstandes, wenn der Arbeitnehmer selbst kündigt oder zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses vereinbart wird. Entlassungen sind ebenfalls von der Aufrechterhaltung des Beschäftigungsstandes ausgenommen.

Die Nichteinhaltung der festgelegten Bestimmungen kann zu (teilweisen) Rückforderungen der Beihilfen führen.

COVID-19-Kurzarbeit und Urlaub

Gemäß der Bundesrichtlinie des AMS sind bei der Erstgewährung der Kurzarbeitszeitbeihilfe Alturlaubsansprüche sowie Zeitguthaben tunlichst abzubauen. Eine Verpflichtung, Alturlaube vor Antritt der Kurzarbeit abzubauen, gibt es – anders als ursprünglich vorgesehen – nicht. Da der Urlaubsverbrauch (bzw. Verbrauch von Zeitguthaben) mit wenigen Ausnahmen (siehe § 1155 ABGB neu) vom Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden kann, hat er gegenüber dem AMS lediglich ein ernstliches Bemühen und keinen bestimmten Erfolg nachzuweisen.

Grundsätzlich können Urlaube und Zeitguthaben auch während des Kurzarbeitszeitraumes abgebaut werden. Alturlaube und Zeitguthaben, die während des Kurzarbeitszeitraumes abgebaut werden, stellen aber keine verrechenbaren Ausfallstunden dar. Dies bedeutet, dass für diesen Zeitraum dem Arbeitgeber auch keine Beihilfe gebührt. Wir empfehlen daher jedenfalls, Alturlaube und Zeitguthaben vor Beginn der Kurzarbeit im Einvernehmen zu reduzieren.

Im Falle der Verlängerung der Kurzarbeit soll auch aktueller Urlaub konsumiert werden.

COVID-19-Kurzarbeit und Sozialversicherungsbeiträge

Bitte beachten Sie, dass sich während des Bezuges der Kurzarbeitsunterstützung die Beiträge und die Leistungen der Sozialversicherung nach der letzten Beitragsgrundlage vor Eintritt der Kurzarbeit richten, sofern diese höher ist als die aktuelle Beitragsgrundlage.

Im Falle von Verlängerungen richten sich die Beiträge und Leistungen der Sozialversicherung nach der aktuellen Beitragsgrundlage (erster Monat der Verlängerung), sofern diese höher ist als die Beitragsgrundlage vor Beginn der Kurzarbeit (Erstgewährung).

 

Bitte beachten Sie, dass sich die rechtlichen Grundlagen laufend ändern und viele sich in der Praxis ergebende Unklarheiten oder Konstellationen erst nach und nach geklärt werden. Diese Ausführungen stellen einen Überblick dar und können die Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Für Detailfragen steht Ihnen unser Team der CHG-Rechtsanwälte gerne zur Verfügung.

Dr. Marlene Wachter ist Partnerin, Mag. Julia Barenth und Dr. Anna Wanitschek sind Rechtsanwaltsanwärterinnen bei CHG Czernich Rechtsanwälte.

Dr. Marlene Wachter

Mag. Julia Barenth

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