Sanierung in der Coronakrise

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Sanierung in der Coronakrise

Sanierung in der Corona Krise

Von RA MMag. Dr. Andreas Grabenweger

Die Covid-19 Pandemie und die deshalb verhängten behördlichen Maßnahmen und Verkehrsbeschränkungen stellen viele Unternehmen vor die Existenzfrage. Inwieweit der Staat in der Lage ist, einzelne Unternehmen und ganze Branchen zu retten, ist derzeit ungewiss. Plan A ist der ab sofort beginnende Wiederaufbau, Plan B kann helfen, die Existenz des eigenen Unternehmens und damit jene von Partnern, Angehörigen und Mitarbeitern zu sichern, wenn der Wiederaufschwung auf sich warten lässt.

Konkursordnung (alt)

Schon die Finanzkrise im Jahr 2008 hat gezeigt, dass die bis dahin bestandenen gesetzlichen Möglichkeiten zu einer Sanierung des eigenen Unternehmens für die Praxis unzureichend waren. Schon die Begriffe Gemeinschuldner, Masseverwalter, Verwertung und Zerschlagung, vermittelten ein bedrückendes Bewusstsein des eigenen Scheiterns. Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder der Überschuldung wurde ein Konkursverfahren eröffnet, das Unternehmen in den meisten Fällen verwertet oder zerschlagen. Eine Ausnahme bot der sog. „Zwangsausgleich“. Mit einer vom Unternehmen längstens innerhalb von 2 Jahren zu zahlenden und mindestens 20%igen Quote für seine Gläubiger, die im Konkurs ihre Forderungen anmeldeten, konnte sich der Unternehmer vom Rest der Verbindlichkeiten durch einen gerichtlichen Beschluss befreien. Der „Makel“ eines Konkurses, die Fremdverwaltung durch einen vom Gericht bestellten Masseverwalter, das zerstörte Vertrauen von Geschäftspartnern und Kunden in den Betrieb des Unternehmers blieb jedoch lange Zeit haften. Ein ähnliches Instrument wie dieser „Zwangsausgleich“ gibt es aber auch heute noch.

Insolvenzordnung 2010

Mit der im Jahr 2010 in Kraft getretenen Insolvenzordnung sollte alles unnötig „Schuldbeladene“ der Vergangenheit angehören. Stigmatisierende Begriffe wurden geändert, neue Regelungen eingeführt. Natürlich sind vergleichbare Regelungen wie oben beschrieben für nicht existenzfähige Unternehmen erhalten geblieben. Das Gros dieser Fälle betrifft meist unerfahrene Unternehmer, die im zweiten, spätestens im dritten Jahr ihrer Existenz mit den rückwirkend vorgeschriebenen Abgaben- und Beitragszahlungen nicht ausreichend rückgestellt haben und deshalb illiquide werden. Selten sind Unternehmen betroffen, die über viele Jahre und – gerade im Bundesland Tirol – häufig im Familiengefüge gewachsen sind.

Gerade für solche Unternehmen wurde in der Insolvenzordnung das Instrument des „Sanierungsverfahrens unter Eigenverwaltung (EV)“ geschaffen. Dabei kann der Unternehmer schon vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (die ihn zu einem Insolvenzantrag verpflichtet) freiwillig ein Sanierungsverfahren bei Gericht beantragen, in dem er selbst das Tagesgeschäft seines Unternehmens weitgehend selbst erledigen kann. Der Betrieb wird nicht geschlossen, der Unternehmer bleibt – von einigen Ausnahmen abgesehen – in seiner unternehmerischen Handlungsfreiheit ohne Einflussnahme des Verwalters und/oder des Gerichts entscheidungsfrei.

Wird der Antrag bewilligt, bestellt das Gericht für die Dauer dieses Sanierungsverfahrens (max. 90 Tage) einen Sanierungsverwalter, dem lediglich eine „Überwachungsfunktion“ zukommt. Nur bestimmte Rechtshandlungen kann bzw. muss er unterbinden, z.B. bei gläubigerschädigenden Entscheidungen des Unternehmers. Außerdem kommen ihm gesetzlich festgelegte Sonderzuständigen zu, bei der Auflösung oder der Begründung von Mietverträgen und Arbeitsverhältnissen.

Spätestens 90 Tage nach der Eröffnung des Sanierungsverfahrens hat das Gericht eine Sanierungsplan-Tagsatzung anzuberaumen. Diese Frist ist im Anwendungsbereich des 2. Covid-19-Gesetzes übrigens unterbrochen. In dieser Tagsatzung wird unter den Gläubigern bzw. der Gläubigervertreter (idR sind das die bekannten Gläubigerschutzverbände) über den Sanierungsplan (insbesondere über die Höhe der angebotenen Quote) abgestimmt. Die gesetzliche Mindestquote beträgt 30 % der festgestellten Gläubigerforderungen, zahlbar längstens innerhalb von 2 Jahren ab Annahme des SP-Planes. Nehmen die Gläubiger den Sanierungsplan mehrheitlich an, wird das Verfahren aufgehoben, auch die Überwachung durch den Sanierungsverwalter ist beendet.

Nur dann, wenn die Gläubiger den Sanierungsplan-Vorschlag des Unternehmers nicht zustimmen, gilt diese Verfahrensart für den Unternehmer als gescheitert. Die Eigenverwaltung wird dann entzogen und das Verfahren in ein „klassisches“ Insolvenz- bzw. Konkursverfahren geändert. Der Sanierungsverwalter wird dann regelmäßig zum Masseverwalter.

Gegenüber dem klassischen Konkurs- bzw. dem früheren „Ausgleichsverfahren“ hat das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung jedoch bedeutende Vorteile: Es erfolgt keine Postsperre, girokonto- und depotkontoführende Banken werden vom Sanierungsverfahren nicht verständigt, der Unternehmer kann über seine Konten, ja überhaupt über seine Liquidität, frei verfügen. Es erfolgt keine Inventarisierung durch den Masseverwalter oder durch den Gerichtsvollzieher, der Unternehmer muss lediglich ein richtiges und vollständiges Vermögensverzeichnis abgeben.

Voraussetzungen

Mit dem Antrag auf Eröffnung eines solchen Verfahrens sind Unterlagen vorzulegen, die dem Gericht ein Bild über die gegenwärtige Ertrags- und Finanzlage verschafft. Dazu gehören ein Status und eine Sanierungsbilanz (Stichtagsbilanz). Auch ein Finanzplan für die folgenden drei Monate ist zu erstellen. Eine Unterstützung des Steuerberaters und eine Begleitung durch einen Rechtsanwalt sind hier unbedingt zu empfehlen. Auch die anwaltliche Begleitung während des idR 90 Tage dauernden Verfahrens ist ratsam – dies zahlt sich gerade dann aus, wenn es um die Kommunikation mit dem Gericht und/oder dem Sanierungsverwalter geht.

Fazit

Insgesamt handelt es sich beim Sanierungsplan mit Eigenverwaltung um eine geordnete, vom Gericht bzw. Sanierungsverwalter zwar überwachte, jedoch weitgehend selbstbestimmte Art einer Sanierung des eigenen Unternehmens. Die geordnete Abwicklung in dieser Verfahrensart bedeutet für den Unternehmer größere Sicherheit, als dies bei außergerichtlichen Maßnahmen des Unternehmens („Reden mit dem wichtigsten Gläubigern“) der Fall ist, da derartige „private“ Abmachungen in einer allfälligen späteren Insolvenz anfechtbar und – sofern Gläubiger ungleich behandelt werden – sogar strafbar sein können. Als „Nachteil“ mag der Kostenaufwand genannt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Kosten auch im Fall einer „unfreiwilligen“ Insolvenz entstehen würden. Besser investiert sind aber jene Aufwendungen, die eine aussichtsreiche gänzliche Sanierung des eigenen Unternehmens mitsamt seinen Ressourcen ermöglichen, sodass die derzeitige Krise einigermaßen unbeschadet überwunden werden kann.

Handlungsempfehlung

Gerne unterstützen wir Sie bei der Antragstellung und Begleitung der Sanierungsmaßnahmen. Unsere Experten in Insolvenz- und Sanierungsfragen sind Andreas Grabenweger und Thomas Rohregger. Sie stehen Ihnen gerne jederzeit für Rückfragen zur Verfügung.

MMag. Dr. Andreas Grabenweger ist Partner bei CHG Czernich Rechtsanwälte.

Dr. MMag. Andreas Grabenweger