Rückforderung einer Covid-19-Förderung – Was ist zu beachten?
RA Dr. Daniel Tamerl, RAA Marko Pavlovic, LL.M. (WU)
Am 18. Juli 2024 wurde das Bundesgesetz über die Neuordnung der Aufgaben der COVID-19-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG-NoAG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Auf dieser Grundlage gingen mit Wirkung zum 01.08.2024 sämtliche Aufgaben sowie Rechte und Pflichten der COFAG aus den bestehenden Förderverträgen unverändert auf den Bund (vertreten durch das BMF) über. Zu den vom Bund übernommenen Aufgaben zählt unter anderem auch die Rückforderung zu Unrecht gewährter Covid-19-Förderungen.
Wir haben nachfolgend die wichtigsten Punkte betreffend vermeintlicher Rückerstattungsansprüche des Bundes für Sie zusammengefasst.
Wann entsteht ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch?
Die Covid-19-Förderungen wurden ursprünglich im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt. Durch die schriftliche Zusage oder die Auszahlung einer Förderung durch die COFAG kam ein zivilrechtlicher Vertrag zustande. Hoheitliche Akte, wie zB Bescheide, ergingen keine. Entsprechend war die COFAG eingangs bei der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Covid-19-Förderungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Im Gegensatz dazu wurden mit dem COFAG-NoAG die Rückerstattungsansprüche des Bundes ab dem 01.08.2024 in das öffentlich-rechtliche Regime überführt. Trotzt des Fortbestehens der ursprünglichen Förderverträge werden die Rückerstattungsansprüche des Bundes seit diesem Zeitpunkt nicht mehr vor den ordentlichen Gerichten, sondern im Abgabenverfahren durch die zuständigen Finanzämter mit Bescheid geltend gemacht.
Der Rückerstattungsanspruch errechnet sich dabei aus:
- dem Differenzbetrag zwischen dem Auszahlungsbetrag und jenem Betrag, der aufgrund der für den Fördervertrag maßgeblichen Förderrichtlinien zugestanden wäre,
- dem Differenzbetrag zwischen dem Auszahlungsbetrag und jenem Betrag, der dem Fördernehmer beihilfenrechtlich als finanzielle Leistung zusteht, oder
- dem gesamten Auszahlungsbetrag, wenn sich der Fördernehmer nicht steuerlich wohlverhalten hat.
Welche Rückerstattungsansprüche sind hiervon ausgenommen?
Ein öffentlich-rechtlicher Rückerstattungsanspruch entsteht dann nicht, wenn die COFAG bereits vor dem 01.08.2024
- den Betrag zivilrechtlich vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht hat,
- einen Exekutionstitel gemäß Exekutionsordnung erwirkt hat, oder
- eine zivilrechtliche Rückforderungsvereinbarung (zB Stundungsvereinbarung) mit dem Fördernehmer getroffen hat.
In diesen Fällen hat der Bund (i) das anhängige zivilgerichtliche Verfahren vor den ordentlichen Gerichten weiterzuführen, (ii) den Rückforderungsanspruch im Wege der Exekution zu betreiben oder (iii) den vereinbarungswidrig nicht bezahlten Rückforderungsbetrag vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Diese Doppelgleisigkeit kann dazu führen, dass vergleichbare Sachverhalte einmal von den ordentlichen Gerichten und einmal im Abgabeverfahren nach der BAO von den Verwaltungsgerichten behandelt werden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass der Verwaltungsgerichtshof die einschlägigen Förderrichtlinien anders auslegt als der Oberste Gerichtshof
Verfahren und Zuständigkeit
Die Feststellung und Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs richtet sich nach den Vorschriften der Bundesabgabenordnung (BAO). Das zuständige Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob und in welcher Höhe ein Rückerstattungsanspruch besteht und hat diesen im Anschluss mit Bescheid festzusetzen, wenn der Rückerstattungsanspruch die in den einschlägigen Förderrichtlinien enthaltenen Betragsgrenzen für die Rückforderung übersteigt.
Zuständig ist jenes Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Fördernehmers verantwortlich ist.
Zinsen und Fälligkeit
Für den nach Ansicht des Finanzamtes zu Unrecht erhaltenen Betrag sind ab dem Zeitpunkt der Auszahlung der Covid-19-Förderung Zinsen in Höhe von ein bis zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (abhängig vom jeweiligen Rückerstattungsanspruch nach § 14 Abs 2 COFAG-NoAG) pro Jahr zu entrichten. Zinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Der festgesetzte Rückerstattungsbetrag samt Zinsen wird mit Ablauf eines Monats nach Zustellung des Bescheids zur Zahlung fällig.
Verjährung
Abweichend von §§ 207 und 208 BAO beträgt die Verjährungsfrist für den Rückerstattungsanspruch zehn Jahre und beginnt frühestens mit 01.08.2024 zu laufen.
Rechtsmittel und Fristen
Ob die Gewährung der Förderung tatsächlich zu Unrecht erfolgte und damit die Rückforderung berechtigt ist, ist im Einzelfall zu prüfen. Vertritt nun die betroffene Unternehmer:in den Standpunkt, die Auszahlung der Förderung durch die COFAG erfolgte zu Recht, so steht gegen den Abgabenbescheid über die Rückerstattung der Rechtsweg an das Bundesfinanzgericht offen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes beträgt ein Monat ab Zustellung.
Fazit
Mit dem COFAG-NoAG ist die Rückforderung zu Unrecht gezahlter COVID-19-Förderungen in das hoheitliche Abgabenverfahren überführt worden. Die Finanzbehörden haben aufgrund der großzügigen Verjährungsregelung des COFAG-NoAG bis mindestens 31.07.2034 Zeit, die Rückerstattungsansprüche geltend zu machen.
Wir stehen Ihnen gerne für die Prüfung und Abwehr von Rückerstattungsansprüchen im Zusammenhang mit COVID-19-Förderungen zur Verfügung!
Kontakt:
RA Dr. Daniel Tamerl: tamerl@chg.at
Leiter der Praxisgruppe Banking & Finance
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