Wandeldarlehen: Die Finanzierung von Start-ups mit Convertible Loans

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Wandeldarlehen: Die Finanzierung von Start-ups mit Convertible Loans

Wandeldarlehen: Die Finanzierung von Start-ups mit Convertible Loans

von  RA Mag. Stefan Gutbrunner

 

Speziell in der Frühphase haben dynamisch wachsende Start-ups einen steten Finanzierungsbedarf. Eine typische Form der Finanzierung ist das Darlehen. Dabei stellt ein Investor oder eine Investorin dem Unternehmen Fremdkapital zur Verfügung, das zusammen mit den Zinsen in Raten oder am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen ist. Das Darlehen kann eigenkapitalähnlich ausgestaltet werden, indem die Vertragsparteien die Nachrangigkeit der Darlehensforderung vereinbaren. Das bedeutet, dass das Darlehen in der Insolvenz der Gesellschaft im Rang hinter die Forderungen anderer Gläubiger zurücktritt. Man spricht dann von Mezzanine-Kapital. Erst wenn die Ansprüche der vorrangigen Geldgeber erfüllt sind, werden Nachrangdarlehen getilgt. Noch weiter geht die Vereinbarung einer qualifizierten Nachrangigkeit des Darlehens. In diesem Fall ist die Rückzahlung ausgeschlossen, wenn dadurch ein Insolvenzgrund verwirklicht werden würde.

 

 

Wie funktionieren Wandeldarlehen bzw. Convertible Loans?

Geldgeber können der Gesellschaft jedoch auch echtes Eigenkapital zur Verfügung stellen. Bei einer GmbH beschließt die Generalversammlung der Gesellschaft dann in der Regel eine Kapitalerhöhung, zu deren Übernahme nur der Investor oder die Investorin zugelassen wird. Für eine Kapitalerhöhung in der GmbH gelten strenge Formvorschriften. Einerseits muss der Kapitalerhöhungsbeschluss notariell beurkundet sein. Andererseits ist eine Betritts- und Übernahmserklärung des neuen Gesellschafters in der Form eines Notariatsakts erforderlich. Da jede Kapitalerhöhung auch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages bewirkt, bedarf die Beschlussfassung darüber einer Dreiviertelmehrheit. Die Kapitalerhöhung wird mit der Eintragung in das Firmenbuch wirksam.

Ein Wandeldarlehen bzw. Convertible Loan kombiniert Elemente des Darlehens mit einer ordentlichen Kapitalerhöhung. Convertible Loans sind daher zunächst Darlehensverträge über die Bereitstellung von Fremdkapital. Darüber hinaus erhält der Investor oder die Investorin jedoch das Recht oder die Pflicht, den Darlehensbetrag samt Zinsen unter bestimmten Umständen in einen Geschäftsanteil der Gesellschaft, also eine echte Beteiligung an der GmbH, zu konvertieren. Dadurch soll der Fremdkapitalgeber zum Gesellschafter werden. Anders als im Recht der Aktiengesellschaften ist diese Form der Finanzierung im GmbH-Gesetz aber nicht vorgesehen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Wandlung müssen daher im Wandeldarlehensvertrag künstlich geschaffen werden.

Das bedeutet, dass die Gesellschafter und die Gesellschaft einerseits und der Investor andererseits einen vertraglichen Anspruch auf Wandlung vereinbaren müssen. Demnach verpflichten sich die Gesellschafter im Wandeldarlehensvertrag, bei Eintritt der Wandelbedingungen eine Kapitalerhöhung zu beschließen, zu der ausschließlich der Investor oder die Investorin zugelassen wird. Vertragsparteien des Wandeldarlehensvertrages sind daher nicht nur die Gesellschaft und der Investor, sondern auch die bestehenden Gesellschafter. Schließlich sind nur sie berechtigt, das Kapital in ihrer Gesellschaft zu erhöhen.

 

Beispiele für Wandeldarlehen und Convertible Loans

Der Wandeldarlehensvertrag sollte neben der Darlehensvaluta, den Zinsen und der Laufzeit die Wandelbedingungen festlegen. Die Vereinbarung sollte daher Regelungen darüber enthalten, in welchen Fällen das Wandlungsrecht oder die Wandlungspflicht des Investors oder der Investorin ausgelöst wird.

Häufig vereinbaren die Vertragsparteien eine Konvertierung des Darlehens bei der nächsten Finanzierungsrunde der Gesellschaft. Der Darlehensgeber erhält in der Regel einen Nachlass auf die Firmenbewertung der Finanzierungsrunde im Ausmaß von 10 bis 20%. In der Praxis spricht man von einem Discount. Liegt der Unternehmenswert im Rahmen der Finanzierungsrunde beispielsweise bei € 4 Millionen, könnte der Investor sein Wandeldarlehen bei einem Discount von 15% zu einer Bewertung von € 3,4 Millionen konvertieren. Er wird daher im Vergleich zu den späteren Investoren der Finanzierungsrunde bevorzugt.

Als weitere Konvertierungsmöglichkeit für Convertible Loans könnten die Vertragsparteien den Exit vereinbaren. Auch in diesem Fall liegt eine Unternehmensbewertung vor, die der Wandlung des Darlehens zugrunde gelegt werden kann. Der Investor oder die Investorin kann wiederum mit einem Discount oder mit einem Cap begünstigt werden. Bei einem Cap ist der Unternehmenswert für die Zwecke der Konvertierung des Wandeldarlehens nach oben hin begrenzt. Das verhindert eine übermäßige Verwässerung des Darlehensgebers. Umgekehrt ist die Vereinbarung eines Floors denkbar, also einer Mindestbewertung, zu der die Wandeldarlehen konvertieren.

Schlussendlich könnte der Wandeldarlehensvertrag eine Wandlung am Ende der Laufzeit vorsehen. Anders als in den oben dargestellten Fällen mangelt es dabei jedoch in der Regel an einer Unternehmensbewertung. Gerade für die Konvertierung des Darlehens am Ende der Laufzeit sollten die Vertragsparteien nachvollziehbare Kriterien für die Ermittlung des Unternehmenswerts vereinbaren oder ein externes Gutachten zum Firmenwert einholen.

 

Besonderheiten der vertraglichen Gestaltung von Convertible Loans

Wie bereits dargelegt, sind Wandeldarlehensverträge eine Kombination aus klassischem Darlehen und ordentlicher Kapitalerhöhung der Gesellschaft. Da die Wandlung von Convertible Loans über eine in der Generalversammlung beschlossene Kapitalerhöhung erfolgt, müssen neben der Gesellschaft und dem Darlehensgeber alle Gesellschafter Vertragsparteien sein. Diese verpflichten sich im Wandeldarlehensvertrag, bei Eintritt der Wandlungsbedingungen (z.B. nächste Finanzierungsrunde, Exit) eine Kapitalerhöhung zu beschließen und den Darlehensgeber zur Übernahme der Kapitalerhöhung zuzulassen. Der Investor erhält damit eine echte Beteiligung an der Gesellschaft.

Soweit ersichtlich, liegt bisher keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Durchsetzbarkeit von Convertible Loans vor. Mit Blick auf die eingangs erwähnten, strengen Formvorschriften für Kapitalerhöhungen ist aus Sicherheitsgründen zu empfehlen, Wandeldarlehensverträge in der Form eines Notariatsakts abzuschließen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen sowie die Verpflichtung zur künftigen Übertragung eines Geschäftsanteils ebenfalls der Notariatsaktspflicht unterliegen.

 

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Disclaimer

Diese Ausführungen geben einen allgemeinen Überblick über Wandeldarlehen bzw. Convertible Loans bei einer GmbH. Der Beitrag kann die Beratung im Einzelfall aber nicht ersetzen. Gern stehen wir für Ihre Fragen rund um die Gestaltung und Errichtung von Wandeldarlehensverträgen zur Verfügung.

 

Mag. Stefan Gutbrunner ist Rechtsanwalt bei CHG Czernich Rechtsanwälte Wien.

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Mag. Stefan Gutbrunner